XR für die Contentwirtschaft
Überall reden sie von Digitalisierung und doch weiss keiner so recht um was genau es geht. Das alles überragende Bullshit-Bingo findet besonders wenig Anklang bei der Industrie in Deutschland, welche das geschriebene Wort als Mittel der Wertschöpfung sieht und auf das Detail der verknüpften Worte achtet. Es geht um die Buch- und Medienwirtschaft, deren Möglichkeiten weit über E-Books hinaus gehen – doch sieht das die Branche?
Von außen wirkt die Buch- und Medienwirtschaft locker, flockig, innovativ. Nicht umsonst betitelt sich die größte Buchmesse der Welt als weltweiter Marktplatz für Ideen. Die Frankfurter Buchmesse spricht auch viel lieber von der Contentwirtschaft statt von der Buch- und Medienwirtschaft, präsentiert sich im Jahr 2019 besonders digital. So stellt sie das Thema KI in den Mittelpunkt der Betrachtung, räumt uns mit unserem Thema allerdings auch einen Platz ein. Danke dafür.
Worum geht es? Warum ist das wichtig?
Die Buch- und Medienwirtschaft ist das Schlusslicht in Sachen Digitalisierungsgrad in Deutschland. Dies geht aus dem DAOMI Index der Bitkom aus dem Jahr 2018 hervor. Demnach erreicht der Automotiv als Vorreiter ganze 49 / 100 Punkten, der Mittelständler in Deutschland gut 23. Die Buch- und Medienwirtschaft dagegen gibt sich mit 19 Punkten zufrieden, ungeachtet des digitalen Wettrüstens der größten Volkswirtschaften dieser Welt.
Zufrieden gebrauche ich hierbei als alarmierenden, aber nicht böse gemeinten Terminus. Denn ein Aspekt, der beim Blick auf die Buchmessen und Verlage erst nur schwer deutlich wird, ist, dass es sich bei der Buch- und Medienwirtschaft nicht etwa um eine digitalisierungsunfähige Branche, stattdessen viel mehr um eine konservative, von einigen wenigen Akteuren dominierte Szene handelt. Diese Szene war es seit der Erfindung des Buchdrucks das Drucken von Geld gewohnt, sieht oft nur unter Schmerzen ein, dass sich etwas tun muss. Amazon etwa hat mit seinem E-Book Angebot die deutschen Buchhändler überrannt. Eine Konsequenz daraus war das Kraftbündnis des deutschen Buchhandels unter dem Label Tolino, mit dem sie gut de Hälfte des deutschen Marktes zurückerobern konnten.
Doch darüber hinaus geschieht wenig. Einerseits weil es den kleinen und mittelständischen oft an den Mitteln fehlt. Aber vor allem aufgrund von Gewohnheiten. Oft muss es erst weh tun bevor sich etwas ändert. Und dass die digitale Transformation der Gesellschaft in Sachen Buch- und Medienwirtschaft nicht mit dem E-Book aufhören wird ist klar. Die Frage ist in wie weit die Branche für Innovationen und Experimente offen ist, besonders unter dem Gesichtspunkt massiver Sparmaßnahmen durch die allgegenwärtige Konkurrenz anderer Medienanbieter. Nicht umsonst spricht die Frankfurter Buchmesse von der Contentwirtschaft, wo sich nun auch Akteure von Netflix und anderen, im Alltag der Menschen angekommenen Medien, auf dem Welt-Ideenmarktplatz tummeln.
Was ist Virtual Reality, was ist Augmented Reality?
Damit kommen wir zu der Frage, die mir oft gestellt wird und mit eben jenem vorherig geschilderten Dilemma verknüpft werden soll. Virtual Reality, Augmented Reality, das sind doch diese Sachen mit den Brillen, so heißt es oft. Ja und nein, denn zwischen Virtual- und Augmented Reality bestehen große Unterschiede.
So ist es die virtuelle Realität, die immer nur mit der Brille auf dem Kopf funktioniert. Denn diese entführt ihren Nutzer in eine virtuelle, oft gänzlich andere Welt und befähigt oft zu Handlungs- und Interaktionsmöglichkeiten in der dreidimensionalen Simulation. VR ist die abgeschlossene, realitätsausblendende Variante der Technologien rund um die virtuelle bzw. digitale Realität, die bei Medien und der Gesellschaft gemeinhin als VR bekannt sind.
Dass Augmented Reality bzw. AR auch unter diese Bezeichnung fällt und doch etwas komplett anderes ist, macht die Sache nicht gerade leicht. Dabei ist AR die weit vielversprechendere Technologie. Dies ist nicht nur meine Meinung, stattdessen auch die des Apple Chefs Tim Cook der prophezeit, dass wir uns ein Leben ohne AR bald nicht mehr vorstellen werden können. Denn wenn AR eines kann dann einen nahtlosen Übergang mit der Wirklichkeit vollziehen.
Augmented Reality – die vielversprechende Technologie
Konkret erweitert Augmented Reality die reale Welt um virtuelle Objekte indem die Realität an bestimmten Punkten mit diesen Objekten überblendet wird. Oft besteht die Möglichkeit der Interaktion mit diesen Objekten. So kann ein Schneemann an einen Strand projiziert und durch das entsprechende Gerät betrachtet werden. Bewusst spreche ich hier von Gerät, denn AR ist – im Vergleich zu VR – nicht auf das Head Mounted Display (ein Brillensystem) beschränkt.
Viele haben schon einmal von Google Glass oder der Microsoft Hololens gehört, doch was die Technologie marktreif und attraktiv macht ist ihr Einsatz durch das Smartphone oder Tablet. Durch das mobile Device bekommt die These von Applechef Cook eine völlig neue Perspektive, ein gewisses Gewicht, dass uns annehmen lässt, dass Apple hier nicht nur eine reine Vision verkauft. AR wird in den Alltag der Menschen einziehen. Oder ist es das schon?
Generation Smartphone
Phänomene wie Pokémon GO und Gesichtsfilter von Snapchat, Hypes wie die Faceapp – sie alle basieren letztlich auf der mobilen Anwendung von Augmented Reality Technologie. Mit den Millennials wächst eine Generation auf, denen die Realität allein längst nicht mehr genug ist. Diese Generation ist mitteilsam, sozial interaktiv, vor allem aber anspruchsvoll und eigenwillig. Bücher? Da sind sie oft von gelangweilt. Meist gibt es diese auch nur in der Schule. Dabei finden sie das Lernen mit YouTube Videos und Wikipedia viel effizienter. Auf Wiki wird immerhin noch gelesen, wobei dies auch immer seltener wird seitdem digitale Sprachassistenten Texte vorlesen und Fragen beantworten können.
Was steht dem gegenüber? Denken wir mal an einen Studenten von früher und heute. Der Gang in die Bibliothek ist mühselig, das Buch vielleicht nicht auf dem neusten Stand. Nicht jedes Buch ist überall vorhanden. Mein Mentor erzählt mir gern die Geschichte seines Tagesausfluges in eine Nachbarstadt nur um dort einen Satz für eine wissenschaftliche Arbeit nachzuschlagen – ein Satz, den er heute binnen einiger weniger Sekunden Googlen kann.
Wissen ist Digital
Kern des Problems ist, dass Informationen allein nicht physischer Natur sind. Lediglich die Medien, über welche diese Informationen transportiert werden, können dies sein. Dass physische Informationsträger den digitalen in ihrer Reichweite und Usability unterlegen sind ist natürlich. Entsprechend wenig sollten die Veränderungen unserer Gesellschaft im Hinblick auf Informationen überraschend sein.
Beinah das gesamte Wissen der Menschheit ist auf einer Platte in der Hosentasche nahezu jedes Menschen verfügbar und abrufbar. Seine Darstellung ist multimedial, seine Zirkulation durch soziale Medien und andere Netzwerke ungehemmt und lebendig. Es wird diskutiert, aktualisiert, mit anderen Aspekten verknüpft und ergibt damit neue Perspektiven, neue Informationen und damit potenziell neues Wissen. Die Informations- und Quellenvielfalt ist explodiert und das wissen einige zu Nutzen.
Wissen ist Macht
Spätestens seit dem Twitter Präsidenten Trump wird die gesellschaftsbestimmende Rolle des Internets auch vom letzten Skeptiker anerkannt und breit thematisiert. Natürlich nicht nur im Guten, wenn man Begriffe wie Fake News bedenkt, die sich über das Netz wesentlich leichter verbreiten lassen als in der klassischen Medienlandschaft – sofern diese über die Ressourcen zu Prüfung der Informationen verfügt und diese auch nutzt.
Die absolute Freiheit des Internets ist DER Komplementärkontrast zur Buch- und Medienwirtschaft, deren Akteure durch ihre Größe, damit Reichweite, zwar oft stark, jedoch zu träge für eine derartige Welt sind. Sie können nur schwer mit der Flut an Informationen mitzuhalten. Dass sich auch Autoren von den oft schlicht mit Manuskripten ertränkten Verlagen abwenden und ihr Ding selbst durchziehen hat ja gerade den Grundstein für Unternehmen wie Books on Demand und Amazon Publishing, damit für die erste Disruption des Buchmarktes (E-Book) gelegt. Dass hier auch Aspekte wie die Bezahlung der Autoren und der Wunsch nach kreativer Freiheit eine Rolle spielen, ist letztlich auch auf den massiv gestiegenen Druck auf die Buch- und Medienwirtschaft zurückzuführen. Hier nutzen die Autoren schlicht ihre Macht über Ihre Inhalte und fassen den Mut neue Wege zu gehen.
Alte Strukturen für eine neue Zeit
Hinzu kommt ein Sonderfall in der Buch- und Medienwirtschaft, zumindest in Deutschland, der aus meiner Sicht Innovationshemmend ist. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels ist die Interessenvertretung von Verlagen und Buchhandlungen in Deutschland. Mit dem erklärten Ziel gemeinsam Bücher verkaufen zu wollen hat dieser Zusammenschluss auch Sinn gemacht. Seitdem die Inhalte, welche Verlage produzieren, jedoch auch in anderer Form als dem Medium Printbuch vertrieben werden können, tun sich Interessenskonflikte zwischen dem Buchhandel und der Verlagswirtschaft auf. Diese Konflikte gab es zwar immer, jedoch lässt der Druck durch Anbieter wie Amazon, der dem stationären Buchhandel schwer zusetzt, diese neue Ausmaße annehmen.
Dabei sind es gar nicht die E-Books, welche dem Markt zusetzen, stattdessen viel mehr die Postauslieferung von Büchern per Amazon. Diese Bücher gehen dann nicht über die Ladentheke. E-Books tun dies zwar auch nicht, jedoch haben diese gerade einmal einen Marktanteil von 5% am Gesamtumsatz des Buchhandels. Die ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ein E-Book in seiner Produktion und Auslieferung ungemein günstiger ist als ein Printbuch. Genauso wenig kann die Disruption des Marktes geleugnet werden: Mit dem E-Book hat sich ein völlig neuer Markt im Rahmen der Contentwirtschaft gebildet. Dass dies durch AR in Print auch geschieht ist nur eine Frage der Zeit.
Es fehlt an Mut und Raum für Innovationen
Im Rahmen der Disruption durch das E-Book haben der Buchhandel und die Verlage zwar eine Lösung (die gemeinsame Plattform Tolino) für sich gefunden, jedoch tragen diese nicht alle mit. Verlage wie Droemer Knaur betreiben beispielsweise ein eigenes Portal, genannt Neobooks. Über dieses bietet der Verlag neuen Autoren bewusst das kostensparende, in Eigenregie mögliche Selfpublishing an, um dann die Rosinen aus dem Kuchen zu picken. Damit senkt Knaur das Risiko, verlagert es, mitsamt seiner Kosten, allein auf den Autor. Das Konzept macht Schule, Knaur ist mit dem Konzept nicht allein. Eine Lösung für die Konkurrenzunfähigkeit des Printbuches gegenüber digitalen Medien aber ist dies nicht. Es hilft lediglich bei der Auswahl der richtigen Titel.
An anderen Stellen ist von KI Software die Rede, welche auf Basis einer Wissensdatenbank potenzielle Bestsellermanuskripte entdecken und zur Sichtung den Lektoren vorlegen soll. All dies sind Entwicklungen aus der Tatsache heraus, dass die Kapazitäten der klassischen Medienwirtschaft begrenzt und dass die Zahl der Schreibenden und diskutierenden durch das Internet und die Verbreitung von Computersystemen massiv angestiegen ist.
Aber auch KI-Systeme sind keine Lösung für die Konkurrenzunfähigkeit des klassischen Printbuches gegenüber anderen Medienangeboten. Nicht solange sie keinen Content produzieren, der schlicht mit den anderen Medienangeboten mithalten kann. Das Medium Buch selbst muss sich verändern und einen neuen Mehrwert bieten. Eine Möglichkeit dafür ist die Einführung von virtuellen Pop-Up-Büchern – Printprodukten, welche durch Augmented Reality angereichert und multimedial erweitert werden. Mit diesen AR Büchern kann dem Printmedium Buch ein Mehrwert gegeben werden, ohne das Printbuch selbst verändern zu müssen. Das ist kostenschonend, bequem für die Verlage und ermöglicht zugleich die Ansprache von Bestandskunden.
Welche Formen von AR gibt es?
Die Vielfältigkeit von Augmented Reality ist eine der stärken der Technologie. Doch wie auch schon zuvor muss der Begriff diversifiziert werden. Denn AR ist nicht gleich AR. Auf die Frage wie AR eigentlich funktioniert antworte ich gern mit dem Vergleich der Funktionsweise eines QR-Codes. Denn auch wenn diese Technik im Vergleich ungemein einfacher ist, so basiert sie letztlich auf einem ähnlichen Fundament. Entweder über die Kamera direkt oder über eine App wird die Kamera des Gerätes genutzt, um das gesehene zu erfassen und auszuwerten. Wenn dabei ein gewisses Muster, ein Code, erkannt wird, folgt eine Aktion. Im Fall des QR-Codes wird eine Website geöffnet.
Marker basiert
Diese Codes bei Augmented Reality nennen sich Marker. Es gibt sie in verschiedenen Formen. In der einfachsten Form können sie wie QR-Codes aussehen. Fortschrittliche Systeme jedoch können die Buchseite selbst zum Marker machen. Letztlich entscheidet hier die Qualität der Kamera, des Sensors, und die Software zur Auswertung dieser Daten. Wichtig ist, dass die jeweilige Seite an bestimmten markanten Punkten erkannt und der entsprechende Inhalt von dem Programm zugeordnet werden kann. Die Interaktionsmöglichkeiten des jeweiligen Inhaltes sind dann wiederum in der App vom jeweiligen Programmierer hinterlegt worden.
Einfach ausgedrückt: Wenn ich beispielsweise eine Buchseite eines Bildbandes mit einer Illustration habe, dann wird diese Seite erkannt, das Bild ausgelesen, die Animation der entsprechenden Illustration geladen und pass genau über den Marker drüber gelegt. Dies sieht dann so aus als ob die Buchseite animiert wäre, obwohl eigentlich nur ein Fenster mit einer Animation über einen bestimmten, markanten Teil, des Markes gelegt wurde. Was an Inhalten gezeigt werden kann ist abhängig von der Leistung des mobilen Gerätes.
Prototyp eines virtuellen Pop-Up Buches (Marker basiert)
Im Rahmen des Prototypen von Arkanite Productions wurden der Weltkarte eines Fantasyromans 3D Standarten mit den jeweiligen Flaggen der Nationen hinzugefügt. Diese wehen im Wind, stehen auf der Karte drauf, statt nur illustriert zu sein, werfen Schatten und bieten Möglichkeiten der Interaktion. Ein Tap auf das jeweilige Banner lässt ein kleines Menü mit Kurzgeschichten aufkommen, aus dem wiederum Kurzgeschichten zur Beleuchtung der Hintergründe der jeweiligen Nationen ausgewählt werden können.
Damit sind die Anhänge zur Beleuchtung der Ideologie und politischen Struktur an einer Stelle im Roman integriert, wo sie Sinn machen. Hin und her blättern wird vermieden, neben dem Text auch Illustrationen und Animationen, 2D, sowie 3D, gezeigt. Damit wird das Buch interaktiv und interessant, lädt ein zum Eintauchen in die Welt und steht durch den Katalysator Smartphone anderen Medienangeboten in nichts nach – übertrifft diese vielleicht sogar. Vor allem aber bedient das Buch sich dem Smartphone, statt mit ihm zu konkurrieren, ermöglicht einen neuen Zugang zum Medium Buch durch ein Gerät, dass nahezu jeder hat.
AR Kit & AR Core – die Zukunft
Derweil ist die Technik weit genug, um auf Marker zu verzichten. Hier braucht es Tablets und Smartphones der neuesten Generation, jedoch werden auch diese mit der Zeit zunehmend mehr verbreitet sein. Mit AR Kit, einer Software von Apple für Applegeräte und AR Core, derselben Sache für Android Systeme, ist es möglich Objekte markerunabhängig im Raum zu platzieren. Ob es sich dabei nun um ein Kriegsdenkmal wie bei dem Kulturprojekt Benno Elkan AR, eine Industriemaschine oder ein Artefakt aus einer Fantasiewelt handelt, liegt dabei allein beim Autor der Anwendung.
Theoretisch ließe sich mit AR Kit der eiserne Thron aus Game of Thrones 1:1 im Raum platzieren. Bis auf die Grenze des Draufsetzens (was funktioniert, wenn man den Thron nutzt, um einen Stuhl zu überblenden) ist vieles damit möglich. Ein gemeinsames Selfie oder andere Interaktionen: Vom einfachen Nachschlagen bis hin zur Implementierung eines ganzen Spiels ist alles möglich.
Keine Apps mehr: Webbasiertes VR & AR
Der Hauptgrund warum Apps sich oft nicht durchsetzen liegt darin, dass keiner die App kennt und sie entsprechend niemand herunterlädt, solange die App nicht von einer starken PR getragen oder im Printbuch auf der ersten Seite kurz genannt wird. Hier kann Web-AR eine entscheidende Hürde nehmen. Statt dass es einer App pro Verlag oder Produkt bedarf können die Inhalte auch im Web platziert und über einen Link abgerufen werden. Dies ist auch mit AR Kit / Core verknüpfbar, sodass ich einem Freund den eisernen Thron für ein Foto zusenden könnte.
Wenn der Freund zudem über eine VR Brille verfügt kann dieser Web-VR Inhalte ohne App, direkt auf seinem Gerät, genießen. Die Möglichkeiten des Storytellings geraten hier ins Endlose: Mit VR kann in die Geschichte eingetaucht werden, mit AR die Geschichte aus dem Medium ausbrechen. Die Interaktivität und Aktualisierbarkeit gestaltet das Erlebnis lebendig und legen die Grundlage für die Implementierung jedweder Medien. Besonders im Rahmen von Webseiten ist Web-AR & VR interessant. So könnte ein Besucher der Website sofort über das Angebot des Hauses informiert werden und dieses im Rahmen von Web VR & AR kennenlernen, damit zum Kauf des Produktes animiert werden. Der Kreativität im Rahmen von virtuellen Realitäten sind keine Grenzen gesetzt.
Haptik als klarer Mehrwert
Können Dinge wie Web VR & AR das Printmedium an den Rand der Bedeutungslosigkeit drängen? Die Frage, die hier entgegenstehen muss, ist: Welchen Mehrwert hat ein Printbuch, unabhängig von den in ihm gedruckten Informationen? Den einzigen Mehrwert, den ein Printbuch dann noch bieten kann ist dessen Haptik. Es kann als Anker im Rahmen des digitalen Storyversums dienen, alle Informationen für den Start bereithalten und als Schlüssel funktionieren. Durch das Buch können Inhalte freigeschaltet und verschiedene Ebenen anhand eines roten Fadens (dem Gedruckten) aufgezeigt werden. Zudem befriedigt das haptische Erlebnis etwas, dass durch die virtuellen Inhalte nur begrenzt möglich ist: Der Leser kann ein Buch in der Hand halten und dieses in seinen Schrank stellen. Er bekommt etwas physisches für sein Geld, nicht nur etwas digitales, dass schnell vergessen ist. Besonders als Geschenk sind haptische Dinge schöner – besonders wenn sie hochwertig produziert sind und gut aussehen. Haptische Produkte sollten kein Massenmedium sein. Nicht nur weil auf Masse produzierte Bücher keinen Mehrwert über ihren Inhalt hinaus bieten. Auch der Umwelt zuliebe sollte die Produktion physischer Güter wohlüberlegt geschehen, besonders wenn das Gut auch ohne einen Materialaufwand funktioniert.
Warum nicht gleich nur E-Books und Apps?
Es ließe sich auch gleich ein E-Book oder eine Art Content-Management-System bauen, in dem alle Inhalte zu einem multimedialen Leseerlebnis an einem Tablet vereint werden. Keine Frage, daran arbeiten wir. Dass diese App oder Website dann auch um AR (sehr einfach z.B. Web-AR) erweiterbar sein wird ist ebenfalls klar. Dennoch hat die Disruption durch das E-Book gezeigt, dass sich viel eher ein neuer Markt für eine neue Art des Konsums bildet, statt dass ein Produkt ein anderes vollends verdrängt.
Klassische Bücher werden auch heute noch gekauft. Der haptische Vorteil ist nicht wegzudiskutieren. Aus meiner Sicht kommt folgender Gedanke auf: Wenn ich mir schon ein gedrucktes Buch kaufe dann will ich auch ein ansehnliches gedrucktes Buch, welches nicht nur im Schrank verstaubt. Wenn ich nur konsumieren und wegwerfen will kann ich auf Angebote wie E-Books zurückgreifen. Eine Methode, der sich u.a. die Groschenromanverlage sehr erfolgreich bedienen. Es senkt ihre Kosten und schont zugleich die Umwelt während es bequemer für den Leser ist.
In anderen Fällen dagegen legen Liebhaber einen hohen Wert auf eine qualitativ hochwertige Ausarbeitung. Hardcover, dickes Papier, es gibt viele Dinge, welche die Bücher im Premiumsegment von denen unterscheiden, die zu Hauf in Buchhandlungen ausliegen. Was den Preis derartiger Bücher jedoch massiv treibt ist ihr Umfang. Dass viele Inhalte nun schlicht durch Augmented Reality auslagerbar sind macht dies steuerbar. Entsprechend wird durch den Einsatz von Augmented Reality eine neue Klasse von Büchern entstehen. Sie steht zwischen dem Premiumsegment und dem normalen, bietet einen massiv hohen Qualitätsgrad bei zeitgleich moderaten Kosten. Diese Romane – genannt virtuelle Pop-Up-Bücher – vereinen alle Vorteile des digitalen und analogen und wirken als funktionaler und marktfähiger Kompromiss der sonst verhärteten Fronten der Buchbranche in Fragen von Analog und Digital.
Warum AR in Print das Buch konkurrenzfähig macht
Mit Augmented Reality in Print kann einer Buchseite eine beinah unendliche Tiefe gegeben werden. Inhalte jeder digital vorstellbaren Art sind so mit dem Printbuch verknüpfbar. Die Illustration im Bildband kann so animiert, die Silhouette eine Planzeichnung einer Maschine die Grundlage für ein 3D Objekt im Raum sein. Ob Video, Bild, Animation, 2D, 3D, interaktiv oder nicht – alles wird mit AR in Print möglich, besonders dann, wenn die Kamerasysteme gut genug sind, um bloßen Text zu erfassen.
Wie man es von Wikipedia kennt besteht die Möglichkeit Interaktionspunkte (‚Verlinkungen‘) zu schaffen. Über AR in Print können zusätzliche Informationsfenster an der Stelle im Buch geöffnet werden wo diese sinnvoll sind. Damit wird es möglich im Buch zu browsen, was dem Leser die Freiheit gibt selbst zu entscheiden an welchem Punkt er wie tief in die Thematik vordringen will. Damit wird nicht nur Fachbüchern die Chance gegeben komplexe Inhalte verknüpft darzustellen. Genauso wird damit auch das Eintauchen in eine Fantasiewelt und ihre Hintergründe möglich, was der Fantasy Leser sonst in einem gesonderten Anhang oder Wiki macht.
Das Buch wird damit bequemer, interaktiv und legt das rein lineare Erzählen ab, was auch dem Autor neue Möglichkeiten der Erzählung gibt. Inhalte können so wesentlich umfassender und komplexer erzählt werden. Wenn das gedruckte im Buch der rote Faden ist, so können die AR Inhalte das Universum um den Kerninhalt sein. Dass diese Inhalte durch die ständige Aktualisierbarkeit der digitalen Inhalte stets auf dem neusten Stand sind und theoretisch nie ein Ende finden müssen ist eine weitere Qualität von virtuellen Pop-Up Büchern.
Dieser Aspekt entfaltet sein volles Potential besonders bei wissenschaftlichen Arbeiten und Geschichten mit komplexen Hintergründen. Während letztere immer weiter gesponnen und angepasst werden können, bildet sich bei ersteren ein voller Durchblick für die Thematik. Es sind eben keine abstrakten Quellen mehr die, gegeneinander gehalten, den vorliegenden Text begründen sollen. Stattdessen können diese bei Bedarf jederzeit an Ort und Stelle eingesehen werden – ein klarer Mehrwert.
Neue Geschäftsmodelle
Ein Mehrwert, der einem bei Virtual- und Augmented Reality Anwendungen immer zukommt, ist ein Marketingeffekt. Die Technologie ist schlicht beeindruckend, besonders für Jene, die sie nicht kennen. Durch eine Augmentisierung kann dem Produkt ein gewisser Boost gegeben werden. Auch kann man sich als Unternehmen innovativ und fortschrittlich präsentieren. Augmented Reality ist ein medialer Erfolgsgarant, doch nicht nur in Sachen PR bietet AR Mehrwerte.
Durch stetige Updates kann die Produktpalette stetig ausgebaut und erweitert werden. Auch Fehler, sollten sie übersehen werden, können so eine Korrektur erfahren. Dass die stetige Erweiterbarkeit im Rahmen einer App Möglichkeiten der Monetarisierung bietet, beispielsweise durch In-App-Käufe, ist ein Aspekt, der keiner weiteren Ausführung bedarf. Denn letztlich kommt es auf die Inhalte an, die über das System transportiert werden sollen. Oft kann eine neue Kurzgeschichte auch schlicht dazu anregen das nächste Buch, in dem die angerissene Storyline weiter ausgeführt wird, zu bestellen. Genauso können Merch oder anderweitige, mit den Inhalten verbundene Produkte für den User interessant sein. Entsprechend kann auch eine Anbindung des eigenen Shops in eine AR App nie schaden.
Die zwei eben genannten Beispiele sollen die Gedanken anregen. Die Möglichkeiten des E-Commerce durch AR kennen nahezu keine Grenzen. Und wer den E-Commerce kennt weiss auch, dass man nicht zwangsläufig ein eigenes Produkt verkaufen muss, um mit diesem Geld zu verdienen. Genauso können Empfehlungen von Produkten zu Provisionen führen. Affiliate Programme wie diese sind in Zeiten von Amazon und Co. einer der Nährböden für Influencer. Doch wieso sollte der nicht auch für Verlage und alle anderen, welche E-Commerce durch AR betreiben, interessant sein? Wo stünde ich bloß, täte ich für jede Buch, Film- und Serienempfehlung einen Obolus erhalten.
Was kostet sowas?
Das ist die Frage, die mich oft zum Grinsen bringt. Ich frage gern zurück was ein Auto kostet. Manchmal bekommt man eines für knapp tausend Euro und kann damit fahren. Nicht mit Komfort, nicht die Langstrecke, doch für den Anfänger ist es oft ausreichend. Genauso gibt es aber auch die Luxusklasse wo man für einen Wagen unsägliche Summen ausgibt. Ungefähr so verhält es sich auch mit Produkten der virtuellen- und erweiterten Realität.
Doch eine Sache wirkt entschärfend: Hat man einmal die Einstiegshürde geschafft, die Infrastruktur für die Distribution derartiger Inhalte gesetzt, so verursachen nur noch die Inhalte kosten. Glücklicherweise ist die Infrastruktur nicht der Kostentreiber, stattdessen der Detailgrad der visuellen Inhalte. Bei Büchern geht es meist um Texte und Illustrationen. Dies sind Zahlen, die Sie als Verleger kennen. Auch wenn es möglich wäre, so muss nicht gleich eine photorealistische 3D Welt zum Eintauchen und interagieren gebaut werden. Doch wenn jemand von Ihnen auf die Idee kommen sollte eine VR Erfahrung, ein Videospiel, in ein Buch einzubetten, so können wir auch hier sagen, dass nichts unmöglich ist.
Sprechen Sie mich gern an, wenn Sie Fragen oder Ideen haben. Ich freue mich auf Ihre Nachricht und bedanke mich für Ihre Zeit und Ihr Interesse an diesem Artikel.
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